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Zuhören

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Zuhören ist nicht gleich zuhören!

Hand aufs Herz: Wie gut kannst du zuhören? Gut? Gar nicht gut? Mal so, mal so? Je nach Situation? Je nach Person? Und was verstehst du überhaupt unter Zuhören? Woran merkst du, dass DIR jemand wirklich zuhört?

Zuhören ist eine wahre Kunst und wahrscheinlich eines der schwierigsten Dinge auf der Erde. Denn wirklich zuzuhören, bedeutet in seiner Energie frei zu sein von allem. Wie oft hörst du zu und analysierst das Gesagte in deinem Kopf? Oder wie oft hörst du zu und urteilst über das Gehörte, gibst im Kopf (oder vielleicht nicht nur im Kopf?) deinen Senf dazu? Wie oft hörst du zu und formulierst bereits eine Antwort auf das Gesagte und Gehörte, wartest praktisch nur darauf, dass du gleich dran bist mit dem Reden? Nun, du denkst es dir wohl: Das ist alles nicht Zuhören! Zuzuhören bedeutet eben auf all diese Dinge zu verzichten, einen freien Raum in sich zu schaffen und das Gesagte und Gehörte als Energie auf sich wirken zu lassen. Die Voraussetzung dafür ist Offenheit. Das bedeutet, dass wir genau an den Stellen nicht zuhören, an denen es uns an Offenheit für die Welt, den anderen Menschen und am Ende auch für Teile unseres Selbst, die wir noch nicht kennen, fehlt. Da haben wir kleinere oder größere Mauern errichtet und wappnen uns durch weitere Erkenntnis via Verteidigung (Ohren zu, die Botschaft gar nicht an sich herankommen lassen) oder Angriff (Ohren ebenfalls zu, Mund auf, Gegenargumente vorbringen usw.). Ja, es mag ja auch sein, dass du mit deinen Gegenargumenten und deinen Sichtweisen vollkommen recht hast, trotzdem verletzt du in dem Moment den Menschen, der sich dir gegenüber zu öffnen versucht, und am Ende auch dich selbst. Denn wenn du diesem Menschen die Öffnung nicht gestattest, dann gestattest du sie auch dir selbst nicht. Und jede Nicht-Öffnung verursacht Schmerz. Natürlich wird bei einem neuen Versuch der Öffnung der Schmerz aus alter Nicht-Öffnung mit angetriggert, daher verweigern wir alle so fleißig an manchen Stellen konsequent die Öffnung. Daher kann es eine gute Idee sein, bei manchen Themen (Du kennst sicherlich deine absoluten Trigger!) sich erst einmal in sachkundiger Begleitung in die Öffnung zu begeben, die diesen Schmerz heilerisch auffangen kann. Bei kleineren Triggern kannst du allerdings dich selbst durch den Öffnungsprozess führen.

Die Öffnung

Du hörst also bei einem kleineren Trigger-Thema zu. Sage nichts, höre weiterhin zu, versuche die Energie der Botschaft in deinen Körper einzulassen. Es werden sich Anteile von dir melden, die sofort widersprechen wollen. Gib ihnen einen Schnuller. Es wird Anteile geben, die weglaufen wollen. Binde ihnen die Beine fest und sage klar und deutlich, dass ihr nun hier bleibt und euch stellt (ihr = du, die Gesamtheit all deiner Anteile). Fühlst du Wut, Angst oder Ohnmacht oder auch Langeweile, während dein Gegenüber spricht, atmest du dich dadurch, lässt die Gefühle im ganzen Körper zirkulieren. Es kann sein, dass dir sehr warm wird oder dass du rot wirst oder dass du zu zittern anfängst. Gehe in die Position des Beobachters. Greife nicht ein, lasse geschehen. Sei nicht streng mit dir, wenn es nicht beim ersten Mal klappt. Das ist wirklich eine hohe Kunst.

Wenn du geübt darin bist, kannst du dich deinem Gegenüber an einer geeigneten Stelle gegenüber öffnen, indem du offenlegst, was das Gesagte energetisch mit dir macht. Sprich über deine Widerstände, deine Körperreaktionen und Ähnliches, aber nicht über die Sache selbst! Sonst verhinderst du wieder die Öffnung. Bekräftige deinen Wunsch zum Zuhören. Sofern du in Aufstellungsarbeit geübt wirst, merkst du wahrscheinlich, dass es dann so eine Art Aufstellung im echten Leben ist.

Sollten Pausen entstehen, atme dich durch sie durch. Dein Gegenüber bekommt so die Chance in eine tiefere Schicht seines Seins vorzudringen. Sei überrascht, was und wie er sich dir dann mitteilen wird! Wunder werden möglich!

Was ist also Zuhören?

Wahrlich zuzuhören bedeutet also:

  • offen zu sein, Raum zu geben
  • in die Beobachterposition zu gehen
  • keine Antworten im Kopf zu formulieren
  • über das Gesagte nicht zu urteilen
  • nicht im Kopf in andere Themen und Gedanken zu flüchten
  • sich für die Botschaft des Gesagten öffnen, den (Energie-)Körper für die (Energie-)Botschaft öffnen, sie in sich aufnehmen, auch gegen den Widerstand
  • frei von Anhaftung, von persönlicher Begierde, eigenen Zielen und Vorstellungen zu sein
  • falls nicht frei, dann im Prozess der Öffnung zu sein, wie oben beschrieben
  • Pausen auszuhalten, sie nicht auszufüllen, sich durch die Pausen zu atmen, zu meditieren
  • entspannten Fokus aufrechtzuerhalten

Die höchste Kunst

Die höchste Kunst ist zuzuhören, wenn die eigene Person gleichzeitig als Projektionsfläche dient. Besonders in nahen Beziehungen. Dein Partner hat z. B. ein Problem mit dir und hält dir alles Mögliche vor. Das ist natürlich die höchste Kunst zuzuhören und gleichzeitig die eigene Person herzugeben, sie zur Nutzung freizugeben, damit sich der Partner an ihr abarbeiten kann. Du willst die Person, die du sonst bist, nicht beschützen oder verteidigen. Du gibst sie zum Abschuss frei und erkennst an, dass an dem, was dein Partner sagt, auch vieles wahr ist oder sein könnte. Oder alles. Du hältst trotzdem den Raum und bist in der Position des Beobachters. Viel Erfolg! Übung macht den Meister! :-*

 

P. S.: Wenn dich jemand explizit und ernsthaft um deinen Rat bittet oder nach deiner Meinung fragt – das ist ganz was anderes. Dann will der Mensch hören, was DU zu sagen hast. Damit signalisiert er, dass er DIR zuhören will. Natürlich kann er da auch etwas vortäuschen und gar nicht am Zuhören interessiert sein. Das ist deine Aufgabe, es dann zu erkennen und damit einen guten Umgang zu finden. Frohes Üben!

 

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Bildnachweis:
Bild von Esi Grünhagen auf Pixabay